Häufig gestellte Fragen

Was sind demokratische Schulen?

Wie wird unsere demokratische Schule in Frankfurt aussehen?

Ein alternativer Lernansatz wirft naturgemäß einige Fragen auf, da die meisten von uns in diesem Bereich nicht aus persönlicher Erfahrung sprechen können. Die Entscheidung für eine demokratische Schule muss wohl überlegt sein, denn sie erfordert von Eltern und Schüler*innen ein großes Maß an Vertrauen in das Schulkonzept. 

Wir** haben die häufigsten Fragen für euch gesammelt und aus unserer Sicht erläutert, um bereits einige Unsicherheiten im Vorfeld aus dem Weg zu räumen.

 

** Die FAQs stammen von der Demokratischen Schule Ingolstadt - herzlichen dank für die Genehmigung, euren tollen Text wiederzuverwenden - wir haben ihn leicht an unser Frankfurter Schulkonzept angepasst.

 

1. Was ist eine demokratische Schule?

Demokratische Schulen gehören zur Gruppe alternativer Schulformen. In dem Konzept demokratischer Schulen steht die Individualität eines jeden Kindes im Schulalltag im Mittelpunkt. Demokratische Schulen sind weltweit verbreitet und auch in Deutschland gibt es sie seit über 20 Jahren. Konzeptuelle Kernelemente sind:

  • SELBSTBESTIMMTES LERNEN (die Zeiteinteilung, die Raum- und Materialnutzung sowie die Lerninhalte und Lernpartner sind frei wähl- und gestaltbar)
  • BEWERTUNGSFREIHEIT (keine (unerwünschte) Leistungserfassung und Benotung)
  • MITBESTIMMUNG (wichtige Entscheidungen werden gemeinsam in der Schulversammlung beschlossen)
  • ALTERSMISCHUNG (altersübergreifendes Miteinander) 

Unter der Bezeichnung Freie Alternativschulen (FAS) und unter dem Bundesverband der Freien Alternativschulen versammeln sich bundesweit über 100 Schulen, deren gemeinsame Grundhaltung in den Wuppertaler Thesen formuliert vorliegt. „Freie Alternativschulen“ sind nicht dasselbe wie „Freie Schulen“. Der letzte Begriff bezieht sich nur auf die Trägerschaft und umfasst damit auch Waldorfschulen, Montessorischulen, kirchliche Schulen etc.

FAS, damit auch Demokratische Schulen, hängen keiner anthroposophischen oder esoterischen Philosophie an. Sie haben unterschiedliche konzeptionelle Schwerpunkte und unterschiedliche Zusammensetzungen der Eltern- bzw. Lehrer*innenschaft. Sie haben eine staatliche Genehmigung oder staatliche Anerkennung und sind Ersatzschulen, das heißt, sie erfüllen nach dem Schulgesetz die Schulpflicht.

2. Ist eine demokratische Schule für alle Kinder geeignet?

Hier spalten sich die Meinungen. An einer demokratischen Schule haben die Kinder ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Es gibt sicherlich Kinder, die zu Beginn damit überfordert sind. Vor allem Kinder, die von einer Regelschule kommen, haben anfangs ggf. Schwierigkeiten an einer demokratischen Schule und brauchen Zeit mit der Freiheit, die ihnen plötzlich eingeräumt wird, zurecht zu kommen. Diese Zeit muss man ihnen geben.

Eine sehr große Rolle bei der Beantwortung dieser Frage spielt das Elternhaus. Wird dem Kind nicht genug Vertrauen entgegengebracht, oder bauen die Eltern Druck auf, aus Angst, das Kind könnte nicht genug lernen, so kann es passieren, dass das Kind sich nicht mehr wohl fühlt und ein innerer Konflikt entsteht. Demokratische Schulen können aber auch andersherum wirken und den Blick vom gewohnten Lerndruck oder Konkurrenzdenken hin zu mehr Freiheit und Lebensfreude lenken und somit auch Einstellungen bezüglich des Lernens im Elternhaus positiv beeinflussen.

3. Was ist mit Kindern mit Behinderungen?

Auch verhaltensoriginelle Kinder sollen Teil unserer Gemeinschaft sein. Für uns ist es wichtig, dass jeder Mensch an unserer Schule so sein kann und darf wie er ist, solange er die Grenzen anderer respektiert. In unserer Schulgemeinschaft ist jeder Mensch von gleichem Wert. Sollte eine gesonderte Betreuung aufgrund schwerer Verhaltensoriginalität erforderlich sein, werden wir auch hier eine Lösung finden. Wichtig ist, mit uns frühzeitig, ca. ein Jahr vorher, bereits Kontakt aufzunehmen, damit wir den Bedarf an Inklusionsfachkräften etc. klären können.

4. Was kostet die Schule?

Da unsere Schule nicht staatlich anerkannt, sondern nur genehmigt sein wird, und daher nicht finanziert wird, müssen wir Schulgeld verlangen, um die Kosten zu decken. Die Höhe des Schulgeldes wird nach einem solidarisch-kompensatorischen System bemessen. Dass heißt, jede Familie zahlt einen Betrag, der im Bereich des Möglichen ist. Reicht der Betrag nicht aus, um den Finanzbedarf der Schule zu decken, wird gemeinschaftlich eine Lösung gefunden. Voraussichtlich wird das Schulgeld anfangs zwischen 250 € und 350 € pro Monat betragen. Jedoch liegt unserer aktuellen Kalkulation bisher eine Schätzung der Kosten vor, somit kann die Höhe des Betrages noch variieren.

5. Wie sind die Öffnungszeiten / Betreuungszeiten?

Es wird eine Kernzeit an unserer Schule von 5 Zeitstunden geben. Diese ist voraussichtlich von 9 Uhr bis 13 Uhr und kann von der Schulversammlung bestimmt werden. Die Schule ist voraussichtlich von 8 Uhr bis ca. 17 Uhr geöffnet, sodass man bedürfnisorientiert ankommen und heimgehen kann. Während dieser Zeit sind ggf. verschiedene Betreuungspersonen anwesend, um eine durchgehende Betreuung zu gewährleisten.  

6. Können Kinder mit der Freiheit umgehen, die sie an einer demokratischen Schule haben oder fühlen sie sich damit überfordert?

Kinder und Jugendliche sind nicht völlig sich selbst überlassen, sondern können sich an den anderen Schüler*innen und Erwachsenen orientieren und an bestehenden Kursen oder vorgeschlagenen Angeboten und Spielen teilnehmen. Zudem stehen den Schüler*innen auch selbstgewählte Mentor*innen zur Verfügung, die ihre Lernprozesse kurzfristig und den gesamten Lernweg langfristig individuell begleiten.

Basis für Lernprozesse ist die natürliche, dem Menschen innenwohnende, Fähigkeit, Anregungen selbstbestimmt anzunehmen, sie zu modifizieren oder zu verwerfen. Bei der Selbstbestimmung von Lerninhalten kann also nicht von einer Überforderung die Rede sein, sondern vielmehr von einer natürlichen Voraussetzung für das Lernen.

7. Welche Schulabschlüsse sind auf einer demokratischen Schule möglich?

An der genehmigten Ersatzschule selbst kann kein Schulabschluss abgelegt werden. Jedoch kann jeder Abschluss extern abgelegt werden und dies ist auch die Regel, deshalb hat eine demokratische Schule Kooperationen mit Tandem-Schulen, wo Abschlüsse absolviert werden können, wenn die Jugendlichen sich aus eigener Motivation heraus für eine bestimmte Abschlussprüfung (Mittlere Reife, Abitur) entscheiden. Zusammen mit anderen Schüler*innen und den Lernbegleiter*innen bereitet man sich auf die Prüfung vor. Zur Prüfungsvorbereitung können auf Wunsch auch Frontalunterricht und Testprüfungen abgehalten werden. In der Regel schließen Schüler*innen von demokratischen Schulen überdurchschnittlich gut ab und zeichnen sich durch hohe Auffassungsgabe und Lernmotivation während der Prüfungsvorbereitung aus. Es gibt kaum Schüler*innen, die eine demokratische Schule ohne einen Schulabschluss verlassen - zumindest sind es nicht mehr als an einer Regelschule.

8. Finden sich Schüler*innen einer demokratischen Schule später in der Gesellschaft zurecht?

Ja! Sehr wahrscheinlich sogar besser als manch andere. Schüler*innen einer demokratischen Schule sind meist selbstbewusste, verantwortungsbewusste und couragierte Menschen. Schon sehr früh bekommen die Kinder und Jugendlichen hier durch die Schulversammlung ein echtes Gefühl und Verständnis für Demokratie und Toleranz und was es heißt, Mitreden zu können. Der Alltag dieser Schüler*innen ist durchzogen von ständiger Kommunikation, Argumentation und Diskussion. Sie stehen in unentwegtem Austausch mit ihren Mitmenschen. Abgänger*innen von demokratischen Schulen haben oft einen klaren Weg vor Augen, da sie während der kompletten Schulzeit die Gelegenheit haben, sich selbst und was in ihnen steckt, kennenzulernen.

9. Wie lernen die Kinder Lesen, Rechnen und Schreiben?

Indem sie es schlicht und einfach von sich aus lernen wollen. Jedes Kind kommt irgendwann an den Punkt, an dem es die Kulturtechniken erlernen möchte. Wir sind in unserer Welt von Zahlen und Buchstaben umgeben, es bleibt also nicht aus, sich damit zu beschäftigen. Nur eben jeder zu seiner Zeit. Wie die Kinder die Kulturtechniken erlernen, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Manche erschließen es sich selbst, andere lernen von älteren Mitschüler*innen, wieder andere wollen darin gezielt unterrichtet werden. Dafür gibt es kein Geheimrezept - jeder lernt auf individuelle Weise und diese Individualität kann an demokratischen Schulen sehr gut begleitet und gefördert werden.

10. Gibt es feste Lernzeiten für die Kinder?

Nein, grundsätzlich nicht. Jedoch werden auf Wunsch Kurse in den gewünschten Bereichen angeboten. Dann gibt es feste Zeiten, an denen diese Kurse stattfinden. Die Kinder können beschließen, dass es beispielsweise für ein Jahr für ein bestimmtes Thema oder Fach eine feste Lernzeit geben soll. Individuelle Lernzeiten mit Lernbegleiter*innen können die Schüler*innen natürlich jederzeit fest ausmachen. (siehe Frage Nr. 13)

11. Lernen Kinder an einer demokratischen Schule genug?

Sie lernen das, was sie lernen wollen und was für ihren individuellen Lebensweg wichtig ist. Zur Vorbereitung einer externen Prüfung lernen sie natürlich genau das, was für das Bestehen der Prüfung notwendig ist und zwar dann, wenn sie dazu bereit, daran interessiert und dafür am besten aufnahmefähig sind.

12. Gibt es Hausaufgaben?

Nein. Damit fällt auch das tägliche Schleppen eines schweren Schulranzens weg. Jedem*r Schüler*in steht es frei, länger in der Schule zu bleiben, um ein Projekt vor Ort zu beenden oder zuhause etwas vorzubereiten oder fertigzustellen.

13. Gibt es Unterrichtskurse?

Wenn dies von den Kindern gewünscht wird, werden Kurse angeboten. Jedes Kind und jede*r Mitarbeiter*in hat die Möglichkeit, je nach Vorlieben, Interessen und Fähigkeiten in der Schulversammlung Kurse und Projekte vorzuschlagen - sogenannte Angebote. In Schulversammlungen wird nach demokratischen bzw. soziokratischen Prinzipien abgestimmt, ob, wann und wie lange, etwas angeboten wird.

Unsere Schule steht gleichzeitig in ständigem Austausch mit außerschulischen Einrichtungen. Sollte sich ein Schüler beispielsweise für ein bestimmtes Handwerk interessieren, würden wir versuchen, Kontakt zu einem Betrieb herzustellen. In diesem Fall kann die Schulzeit auch außerhalb des Schulgebäudes verbracht werden.

14. Gibt es Regeln an einer demokratischen Schule?

Ja. Und davon nicht wenige. Dass es an demokratischen Schulen keine Regeln gebe, ist ein Irrglaube, denn das Gegenteil ist meist der Fall: Eine Gemeinschaft kann ohne Regeln nicht funktionieren. Das Besondere daran ist jedoch, dass die Schüler*innen die Regeln hier selbst aufstellen. Dies geschieht in der Schulversammlung. Eine Schülerin trägt beispielsweise eine neue Regel vor und darüber wird nach sozio-demokratischen Prinzipien abgestimmt. Besteht kein schwerwiegender Einwand mehr, tritt die Regel in Kraft und jede*r ist zur Einhaltung verpflichtet. Wird die Regel gebrochen, gibt es dafür auch Konsequenzen. Wie diese Konsequenz dann konkret aussieht, wird dann in einer Runde (die Fairhandlung) mit all den Beteiligten kommuniziert, diskutiert und abgestimmt. Bemerkenswert ist, dass Regeln an demokratischen Schulen für die Schüler*innen meist mehr Wertigkeit besitzen, da sie ihnen nicht auferlegt wurden, sondern sie selbst an der Aufstellung oder Abschaffung der Regeln beteiligt waren.

15. Was, wenn ein*e Schüler*in nicht lernen will?

Jede*r Schüler*in will lernen. Meist ist es jedoch so, dass Kinder, die von einer Regelschule kommen, oft eine gewisse Zeit brauchen und erst einmal längere Zeit „nichts tun“. Die Kinder brauchen oft Erholung von dem Stress bzw. Druck - und diese Zeit wird ihnen hier auch gegeben. Aus der bisherigen Erfahrung an anderen Schulen zeigt sich, dass sich kein Kind naturgemäß dauerhaft dem Schulgeschehen verweigert. Durch die ungekünstelte, individuelle Wahrnehmung jeden Kindes wird auch empathisch begleitet, wenn das Kind sich aus verschiedenen (außerschulischen) Gründen nicht wohlfühlen sollte, um in der DSF einen Ort des Vertrauens, Entspannens und Lernens zu finden.

Zur genauen Beantwortung solch einer Frage, müssen auch noch zwei Begrifflichkeiten geklärt werden.
Zuerst muss der Begriff des "Lernens" definiert werden. An unserer Schule ist das "formale Lernen" nicht das Hauptaugenmerk. An demokratischen Schulen findet hauptsächlich "informelles Lernen" statt – Lernen in Lebenszusammenhängen, spontan und ohne Vorgabe. Oft ist für Außenstehende nicht ersichtlich, welche Lernprozesse gerade stattfinden, zum Beispiel auf zwischenmenschlicher Ebene. Diese nicht offensichtlichen Lernprozesse gibt es zu genüge und sind ein wichtiger Grundstein für Allgemeinwissen, Empathie, Körperbewusstsein und das Wecken neuer Interessen.

Zweitens der Begriff des „Nichtstuns“: „Nichtstun“ betrachten wir als eine Notwendigkeit, um zu Pausieren und wieder ins Tun zu kommen. „Nichtstun“ birgt oft Prozesse, die für das Auge nicht sichtbar, aber für das Individuum wichtig sind.

16. Wie sieht ein typischer Tagesablauf einer demokratischen Schule aus?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten, da jedes Kind den eigenen Interessen im ganz eigenen Tempo nachgehen kann. Feste Bestandteile sind auf jeden Fall die (tägliche) Schulversammlung und das gemeinsame Frühstück, Mittagessen sowie Nachmittagssnack und regelmäßige AGs. Zwischen diesen festen Zeitschienen verbringen die Schüler*innen die Zeit individuell, manchmal mehr spontan, manchmal fest geplant.

17. Woher wisst ihr, dass das wirklich funktioniert?

Absolvent*innen von Sudbury Valley Schools (demokratische Schulen) beweisen seit über 30 Jahren, dass dieses Modell funktioniert. Schüler*innen, die keine Noten, keinen Rang innerhalb der Klasse und teilweise überhaupt keinen formalen Unterricht haben, werden nach wie vor auf gute Colleges aufgenommen (aufgrund ihrer schriftlichen und persönlichen Vorstellung und, wo nötig, aufgrund ihrer Testergebnisse). Sie sind erfolgreich in ihrer Kurs-Arbeit (oft müssen sie bestimmten Stoff „aufholen“, aber sie haben die Kraft und das Selbstvertrauen, dies leicht zu schaffen) und schlagen verschiedene interessante Karrieren ein. Jene, die sich entschieden haben, nicht aufs College zu gehen (etwa 20%) sind erfolgreiche Künstler-, Handwerker-, Händler-, Musiker*innen und Geschäftsleute geworden. Weiterhin sind Absolvent*innen von Sudbury Schulen sich klar ausdrückende, verantwortungsbewußte, unvoreingenommene Erwachsene, die – da sie ihre Bildung nie als die Verantwortung eines anderen, sondern als ihre eigene angesehen haben – weiter am Leben beteiligt sind und für den Rest ihres Lebens neue Sachen lernen.

Auch von deutschen demokratischen Schulen gibt es genügend Abgängerberichte, die dies bestätigen. 

 

Jede*r glückliche Schüler*in ist es Wert, diese Schule zu gründen :-) 
Mach mit!